Bewertung von Gesundheitstechnologien in der EU: Kommission schlägt verstärkte Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten vor
Mehr als zehn Jahre nach den Anfängen der EU-weiten Zusammenarbeit zwischen Organisationen für die Bewertung von Gesundheitstechnologie (HTA) nahm die Europäische Kommission einen Vorschlag zur Stärkung dieser Zusammenarbeit und ihrer Nachhaltigkeit an. Clemens Auer, Generaldirektor im österreichischen Gesundheitsministerium, erinnert sich an die Anfänge der HTA-Zusammenarbeit und wagt einen Blick in die Zukunft.
Was halten Sie von der Zusammenarbeit in der EU bei der HTA?
Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass Österreich zu den Gründern der gemeinsamen Aktion EUnetHTA gehört. Genau wie andere Mitgliedstaaten haben wir früh den Wert der HTA als Instrument für eine optimale Entscheidungsfindung erkannt. Seit Anfang des neuen Jahrtausends haben verschiedene Interessenträger, darunter das Ministerium für Gesundheit und Soziales, die Bewertung von Gesundheitstechnologien für Investitions- und Erstattungsentscheidungen eingesetzt.
Doch im EUnetHTA geht es auch um die Schaffung einer Gemeinschaft, die auf Vertrauen aufbaut und es ermöglicht, bewährte Verfahrensweisen zwischen den HTA-Gremien auszutauschen. Wir müssen aus den Erfahrungen anderer lernen und auf die Entwicklung eines wirklich europäischen Modells der Durchführung von HTA hinarbeiten, das hochwertige, aktuelle, transparente und übertragbare Informationen für die HTA-Gremien überall in der EU bereitstellt. Im Jahr 2013 hat das EUnetHTA zudem die Grundlage für die Einrichtung des HTA-Netzes geschaffen, was die Zusammenarbeit auf eine höhere strategische Ebene gebracht hat. Ich bin sicher, dass diese EU-Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Bewertung der Gesundheitstechnologie, die für viele Menschen mit dem EUnetHTA identisch ist, als Vorreiter für eine weltweite Zusammenarbeit im Bereich HTA gesehen wird.
Wie sehen Sie die Zukunft der EU-Zusammenarbeit im Bereich HTA im weiteren Kontext der Diskussion über den Zugang zu Arzneimitteln?
In den letzten Jahren haben die hohen Arzneimittelpreise und die damit verbundene Belastung der nationalen Gesundheitshaushalte zahlreiche politischen Diskussionen ausgelöst. Ich bin davon überzeugt, dass Europa sich für gleichen Zugang und für Innovation einsetzen sollte, und es ist meines Erachtens im Sinne aller Bürgerinnen und Bürger, dass die Mitgliedstaaten sich mehr aufeinander verlassen, Informationen austauschen und damit die Anzahl der ihnen zur Verfügung stehenden Hilfen bei der Entscheidung über den Mehrwert innovativer Medizinprodukte erhöhen sollten. Es geht um die Beurteilung der Vorteile von Innovation unter Abwägung der damit verbundenen Kosten.
Die vor kurzem eingerichteten regionalen Kooperationen wie BeNeLuxA und La Valletta versuchen, einige gemeinsame Ansätze hinsichtlich der Aushandlung von Preisen einzuführen. Das ist keine einfache Aufgabe, und die Unterschiede in den nationalen Rechtsvorschriften sind ein weiteres Hindernis. In diesem Zusammenhang glaube ich, dass eine strukturierte, dauerhafte und nachhaltige Zusammenarbeit bei der Bewertung von Gesundheitstechnologien einen wertvollen Beitrag zur Zugänglichkeit medizinischer Versorgung für alle Menschen leisten kann.
Sowohl der Rat als auch das Europäische Parlament erkannten die Bedeutung dieses Themas für die nationalen Gesundheitssysteme und damit letztlich für alle Bürgerinnen und Bürger der EU und suchten deshalb nach Lösungen. Der Rat bekräftigte, dass die EU-Zusammenarbeit im HTA-Bereich die Entscheidungsfindung der Mitgliedstaaten unterstützen kann, und ersuchte die Kommission, diese Zusammenarbeit auch nach 2020 weiterzuentwickeln, wenn die aktuelle gemeinsame Aktion EUnetHTA ausläuft. In seinem Bericht zu den Möglichkeiten der EU zur Verbesserung des Zugangs zu Arzneimitteln hob das Europäische Parlament hervor, dass mit der Einführung gemeinsamer HTA einer Fragmentierung der Bewertungssysteme, Doppelarbeit und der Fehlallokation von Ressourcen in der EU vorgebeugt würde, und es ersuchte die Kommission, einen Legislativvorschlag für ein europäisches HTA-System vorzulegen. Die Kommission hat ihre Hausaufgaben gemacht und am 31. Januar einen Vorschlag für die Zusammenarbeit in der Bewertung von Gesundheitstechnologien (HTA) angenommen. Es liegt nun an uns – den Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament – den Vorschlag sorgfältig zu studieren und eine konstruktive Diskussion über die Zukunft der HTA-Zusammenarbeit in Europa einzuleiten.
Vor mehr als zehn Jahren wurde der Grundstein für diese Zusammenarbeit gelegt – nun müssen die Ergebnisse in praktische Maßnahmen umgesetzt werden. Österreich wird sich nicht nur jetzt aktiv in diese Diskussion einbringen, sondern auch während seiner Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte.
Aktivitäten auf EU-Ebene
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Bewertung von Gesundheitstechnologien Europäische Kommission – Gesundheit und Lebensmittelsicherheit |
Aktuelles
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Nach Auffassung von Vytenis Andriukaitis, Kommissar für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, wird der am 31. Januar 2018 vorgelegte Vorschlag (Maßnahmen einleiten) helfen, (die) vor allem Patienten mit bisher unerfülltem Behandlungsbedarf Zugang zu einer hochwertigeren, innovativeren Gesundheitsfürsorge (zu) ermöglichen. |
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Fragen und Antworten: Kommissionsvorschlag zur Bewertung von Gesundheitstechnologien Erfahren Sie mehr über die Bewertung von Gesundheitstechnologien (HTA = Health Technology Assessment – HTA) anhand dieser klaren und kurzen Fragen und Antworten. |
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Netz für die Bewertung von Gesundheitstechnologien trifft sich am 9. Februar 2018 in Brüssel Die beiden Redner, Generaldirektor Xavier Prats Monne und stellvertretender Generaldirektor Martin Seychell von der Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der Europäischen Kommission, sprachen über die EU-Initiative zur Stärkung der Zusammenarbeit im Bereich Bewertung von Gesundheitstechnologien (HTA). |
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Was ist neu bei der Bewertung von Gesundheitstechnologie (HTA)? Was sind die Vorteile der HTA und in welchen Fachgebieten ist eine Zusammenarbeit möglich? Antworten dazu finden Sie im Factsheet! |