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Public Health

Notwendigkeit des Einsatzes nichtmenschlicher Primaten in der biomedizinischen Forschung sowie bei der Herstellung und bei Tests von Produkten und Geräten (Aktualisierung

Nichtmenschliche Primaten werden aufgrund ihrer Menschenähnlichkeit in der medizinischen Forschung eingesetzt. Die Ergebnisse aus der Forschung an nichtmenschlichen Primaten können oft direkt auf Menschen übertragen werden, und die Wissenschaft hat dadurch viel über Krankheiten, Gesundheitsstörungen, Vorbeugung und Behandlung sowohl für Menschen als auch für Tiere gelernt. Der Einsatz dieser den Menschen sehr ähnlichen Tiere wirft jedoch ernste ethische Fragen auf, weshalb er streng überwacht und reguliert ist. Im März 2013 wurden Tierversuche für kosmetische Mittel in der Europäischen Union vollständig verboten, und auch für nichtmenschliche Primaten wurden strenge Regeln eingeführt: So dürfen nichtmenschliche Primaten für Forschungszwecke nicht mehr in der Wildnis gefangen werden, sofern nicht die Ziele der Studie ausdrücklich den Einsatz von Wildtieren verlangen. Außerdem wurde der Einsatz von Menschenaffen verboten. Solange nichtmenschliche Primaten für die medizinische Forschung verwendet werden, befürwortet die Europäische Kommission mit Nachdruck das so genannte 3V-Prinzip, das jetzt Eingang in die EU-Rechtsvorschriften gefunden hat: den Einsatz nichtmenschlicher Primaten nach Möglichkeit Vermeiden und durch tragfähige Alternativen ersetzen, zumindest Vermindern und die wissenschaftlichen Verfahren wie auch die Pflege und Behandlung der Tiere Verbessern. Diese Stellungnahme ist eine Aktualisierung der Stellungnahme von 2009 und beschäftigt sich vor allem mit der Umsetzung des „3V-Prinzips“.

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3. DERZEITIGER EINSATZ NICHTMENSCHLICHER PRIMATEN

3.1. In welchen Forschungsbereichen werden heute noch nichtmenschliche Primaten eingesetzt?

Tests an nichtmenschlichen Primaten werden vor allem in der Entwicklung und Sicherheitsüberprüfung von Arzneimitteln und medizinischen Geräten, in der Forschung zu Behandlung und Vorbeugung von Infektionskrankheiten sowie in den Neurowissenschaften durchgeführt. In geringerem Maße setzt auch die Augenheilkunde und (Xeno-)Transplantation nichtmenschliche Primaten in der Forschung ein.

3.2. Warum sind nichtmenschliche Primaten bei der Entwicklung und Sicherheitsüberprüfung von Arzneimitteln und medizinischen Geräten erforderlich?

Bevor ein neues Arzneimittel auf den Markt gebracht werden kann, muss es bei klinischen Tests an Menschen geprüft werden. Ziel der Tierversuche ist es, die Gesundheit der Menschen zu schützen, die an diesen Tests teilnehmen. Im Laufe dieses Testverfahrens werden die meisten Arzneimittel, die ursprünglich für die Entwicklung vorgesehen waren, ausgesondert. Entweder, weil sie wirkungslos sind, oder weil sie unerwünschte Nebenwirkungen haben.

Neu entwickelte Arzneimittel werden zunächst einer Reihe von Vorabtests in Laboratorien unterzogen, bei denen keine Tiere eingesetzt werden. Die dabei ermittelten, besten „Kandidaten“ werden anschließend an Tieren getestet, um ihre Wirksamkeit und eventuelle Gesundheitsrisiken zu überprüfen. Arzneimittel werden oft an Nagetieren getestet, doch die Ergebnisse dieser Tests sind schwierig auf Menschen zu übertragen, da sich die beiden Spezies stark voneinander unterscheiden. Aus diesem Grund müssen die Arzneimittel auch an einer anderen Spezies getestet werden. Oft werden Hunde eingesetzt. Normalerweise ist es nicht durchgehend erforderlich, nichtmenschliche Primaten als zweite Spezies einzusetzen. Zwar ist die Sicherheitsüberprüfung neuer Arzneimittel und anderer medizinischer Produkte eines der wichtigsten Einsatzgebiete für diese nichtmenschlichen Primaten, doch in der Praxis werden nur wenige Arzneimittel wirklich an ihnen getestet.

Nichtmenschliche Primaten sollten nur dann eingesetzt werden, wenn wissenschaftlich nachweisbar ist, dass keine andere der üblichen Testspezies für den Zweck der Studie geeignet ist.

Da keine andere Tierart in ihrer Anatomie oder ihrer Reaktion auf Arzneimittel dem Menschen ähnlicher ist, sind nichtmenschliche Primaten bei Verträglichkeitstests der nachstehenden Arzneimittel anderen Säugetieren vorzuziehen:

  • Arzneimittel mit möglichen Auswirkungen auf weibliche Geschlechtsorgane
  • Arzneimittel mit möglichen Auswirkungen auf die Augen
  • Arzneimittel, die Erbrechen hervorrufen könnten
  • Arzneimittel, die die Blutgerinnung beeinflussen
  • Biopharmaka (vor allem monoklonale Antikörper)
  • Arzneimittel, die das Zentralnervensystem beeinflussen (psychoaktive Substanzen)
  • Arzneimittel, die Geburtsschäden verursachen oder die Fruchtbarkeit beeinflussen könnten

Nichtmenschliche Primaten wurden mit Erfolg bei der Sicherheitsüberprüfung wichtiger neuer Behandlungsmethoden für zum Beispiel schweres Asthma oder bestimmte Augenkrankheiten eingesetzt. Mögliche Gefahren für den Menschen sind anhand von Studien an nichtmenschlichen Primaten besser zu ermitteln.

Da Menschen und nichtmenschliche Primaten in ihren frühen Lebensjahren ähnliche Entwicklungsschritte aufweisen, sind junge nichtmenschliche Primaten auch eine gute Alternative für spezifische Verträglichkeitstests von für Säuglinge und Kinder bestimmten Arzneimitteln.

In einigen Fälle sind jedoch nichtmenschliche Primaten nicht die erste Wahl – so eignen sich Hunde beispielsweise besser für Tests auf Lebertoxizität. Es muss außerdem darauf hingewiesen werden, dass Tierversuche mit nichtmenschlichen Primaten nicht immer alle schädlichen Auswirkungen auf den Menschen vorhersagen können. So hat sich herausgestellt, dass der Javaneraffe (Macaca fascicularis) im Gegensatz zum Menschen erstaunlich unempfindlich gegenüber der leberschädigenden Wirkung von Paracetamol ist – eine wichtige Erkenntnis, da dieser nichtmenschliche Primat am häufigsten für Tests auf Arzneimittelsicherheit eingesetzt wird.

Aus diesen Gründen sind für die Sicherheitsbewertung neuer Produkte sowohl Informationen aus Tier- als auch aus anderen Versuchen erforderlich.