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Public Health

Psychische Gesundheit

Eine umfassende Herangehensweise an die psychische Gesundheit

Die psychische Gesundheit ist Bestandteil der allgemeinen Gesundheit. Sie gehört zur den Prioritäten der Kommission, die seit 25 Jahren Maßnahmen und Projekte zur Verbesserung der psychischen Gesundheit der Menschen in Europa und darüber hinaus unterstützt.

In ihrer Rede zur Lage der Europäischen Union im September 2022 kündigte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Absicht der Kommission an, 2023 einen neuen umfassenden Ansatz für die psychische Gesundheit vorzulegen.

Am 7. Juni 2023 veröffentlichte die Kommission die Mitteilung über eine umfassende Herangehensweise an die psychische Gesundheit, die Mitgliedstaaten und Interessenträger dabei unterstützen soll, rasch auf Herausforderungen im Bereich der psychischen Gesundheit zu reagieren.

Diese Mitteilung setzt den Ton für einen neuen Ansatz. Nach umfassenden Konsultationen mit den Mitgliedstaaten, Interessenträgern und Bürgerinnen und Bürgern wurde eine umfassende, an der Prävention und auf viele Akteure ausgerichtete Herangehensweise im Bereich der psychischen Gesundheit entwickelt.

Mit dem neuen Ansatz wird anerkannt, dass es bei der psychischen Gesundheit nicht nur um Gesundheit geht, sondern auch um Dinge wie Bildung, Digitalisierung, Beschäftigung, Forschung, Stadtentwicklung, Umwelt und Klima.

Die Initiative baut auf bestehenden Strategien und Maßnahmen auf. Über eine Mittelausstattung von 1,23 Milliarden Euro werden 20 in der Mitteilung genannte Leitinitiativen die Mitgliedstaaten direkt und indirekt dabei unterstützen, die Herausforderungen im Bereich psychische Gesundheit ganzheitlich anzugehen.

Psychische Gesundheit in Europa

Sorgen, Befürchtungen und depressive Verstimmungen aufgrund der katastrophalen Auswirkungen der Pandemie, Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine, die Klimakrise, Arbeitslosigkeit und steigende Lebenshaltungskosten sowie die digitale Welt und die sozialen Medien als Stressfaktoren haben die ohnehin instabile psychische Gesundheitssituation vor allem bei Kindern und Jugendlichen weiter verschlechtert.

Im Bericht Health at a Glance Europe 2018 wurde darauf hingewiesen, dass etwa 84 Millionen Menschen in der EU von psychischen Problemen betroffen sind. Zusätzlich zum persönlichen Leid der betroffenen Personen wirken sich psychische Probleme auch finanziell auf unsere Gesellschaft aus. Die Gesamtkosten psychischer Erkrankungen schlagen mit mehr als 4 % des BIP der 27 EU-Länder und des Vereinigten Königreichs zu Buche, was über 600 Milliarden Euro entspricht.

Der Bericht „Health at a Glance“ aus dem Jahr 2022 zeigte, dass fast jeder zweite junge Europäer von einem ungedeckten Bedarf an psychischer Gesundheitsfürsorge berichtet und dass sich der Anteil der jungen Menschen mit Depressionssymptomen in mehreren EU-Ländern während der Pandemie mehr als verdoppelt hat. 

Viele Länder haben in einem gewissen Rahmen Maßnahmen ergriffen, um die psychische Gesundheit junger Menschen zu schützen und Hilfe anzubieten. Die Folgen sind jedoch so gravierend, dass weitergehende Schritte nötig sind, damit die Pandemie keine dauerhaften Schäden bei dieser Generation hinterlässt. Dies erfordert eine Verlagerung der Prioritäten hin zur Prävention: Verhaltensbedingte und umweltbezogene Risikofaktoren müssen angesprochen und ehrgeizigere Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention eingeleitet werden.

Überblick über die Maßnahmen im Bereich der psychischen Gesundheit

Die Europäische Kommission hat sich stets der Verbesserung der psychischen Gesundheit der Bevölkerung verschrieben, wie ein Überblick über ihre Aktivitäten in der Vergangenheit zeigt.

Überblick über laufende Projekte:

1. Bewährte Verfahren

Die Kommission unterstützt die Mitgliedstaaten bei der Verbreitung bewährter Verfahren. Zu diesem Zweck wurde ein Portal für bewährte Verfahren eingerichtet, um solche Verfahren und ihre Umsetzung in der EU zu dokumentieren und zugänglich zu machen.

Im Jahr 2018 wurde die psychische Gesundheit von den EU-Mitgliedstaaten als prioritärer Bereich für die Umsetzung bewährter Verfahren ermittelt. Im Mai 2019 wurde den EU-Ländern eine Vorauswahl bewährter Verfahren mit dem Auftrag vorgestellt, diese nach Relevanz für ihre jeweiligen nationalen Prioritäten einzustufen. Die drei Verfahren, die am höchsten eingestuft wurden, werden mit finanzieller Unterstützung aus dem Jahresarbeitsplan 2020 des dritten Gesundheitsprogramms umgesetzt. Dabei handelt es sich um:

  • Reform des Systems der psychischen Gesundheit mit Schwerpunkt auf dem Aufbau patientenorientierter gemeindenaher Dienste nach belgischem Vorbild,
  • Entwicklung eines nationalen Suizidpräventionsprogramms auf mehreren Ebenen nach österreichischem Vorbild,
  • Bekämpfung von Depressionen durch ein schrittweise aufgebautes Interventionsprogramm, das im Rahmen der europäischen Zusammenarbeit entwickelt wurde.

Die Arbeiten begannen 2021 mit der Gemeinsamen Maßnahme ImpleMENTAL, die (Elemente der) Reform des belgischen Systems im Bereich psychische Gesundheit sowie das österreichische Suizidpräventionsprogramm auf den Weg brachte. Diese Maßnahme im Bereich Depressionen umfasst insgesamt 21 Mitgliedsländer und wird gefördert durch einen Finanzbeitrag in Höhe von 5,4 Mio. Euro. Sie wird im Rahmen des „Best“-Projekts der Europäischen Allianz gegen Depression durchgeführt, an dem sich zehn Länder beteiligen, unterstützt durch einen EU-Finanzbeitrag in Höhe von 1,6 Mio. Euro.

Das WHO-Regionalbüro für Europa unterstützt die Bemühungen der Gemeinsamen Maßnahme ImpleMENTAL in Bezug auf Schulungen und Kapazitätsaufbau durch eine Beitragsvereinbarung von 1 Mio. Euro im Rahmen des Arbeitsplans EU4Health 2022.

Im Juni 2023 wird eine Ausschreibung zu bewährten Verfahren im Bereich der psychischen Gesundheit veröffentlicht werden. Dies wird auch die Umsetzung der in der Mitteilung zur psychischen Gesundheit genannten Maßnahmen unterstützen. Die Ausschreibung wird auf dieser Website veröffentlicht.

2. Initiative „Healthier together“

Ein umfassendes Konzept für die psychische Gesundheit wird auch von der im Juni 2022 vorgestellten EU-Initiative „Healthier Together“ (Gemeinsam gesünder) zu nicht übertragbaren Krankheiten unterstützt. Diese Initiative hilft den EU-Ländern bei der Ermittlung und Umsetzung wirksamer Strategien und Maßnahmen zur Senkung der Belastung durch wichtige nicht übertragbare Krankheiten und zur Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden der Bürgerinnen und Bürger bei gleichzeitiger Verringerung gesundheitlicher Ungleichheiten.

„Psychische und neurologische Störungen“ stellen einen von fünf Schlüsselbereichen dieser Initiative dar. Im Anschluss an einen gemeinsamen Gestaltungsprozess mit den EU-Ländern und Interessenträgern unterstützt die Initiative die Umsetzung hochwirksamer Maßnahmen für das gesamte Spektrum, von der Förderung des Wohlergehens und der proaktiven Prävention bis hin zur sozialen Inklusion von Menschen mit langfristigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Die Initiative im Bereich der psychischen Gesundheit konzentriert sich auf vier Schwerpunktbereiche:

  • Förderung günstiger Bedingungen für die psychische Gesundheit und Stärkung der Resilienz; psychische Gesundheit in allen Politikbereichen,
  • Förderung des psychischen Wohlbefindens und Prävention psychischer Erkrankungen,
  • rechtzeitiger und gleichberechtigter Zugang zu hochwertigen Gesundheitsdienstleistungen im Bereich der psychischen Gesundheit,
  • Schutz der Rechte, Verbesserung der sozialen Inklusion und Bekämpfung von Stigmatisierung im Zusammenhang mit psychischen Problemen.

Die Maßnahmen in diesen Bereichen wurden bereits eingeleitet und werden bis 2027 fortgesetzt.

3. Kapazitätsaufbau

Parallel zur Mitteilung zur psychischen Gesundheit hat die Kommission gemeinsam mit der Weltgesundheitsorganisation und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Projekte aufgelegt, um über technische Hilfe und Kapazitätsaufbau bei Transfer und Umsetzung bewährter Verfahren im Bereich der psychischen Gesundheit maßgeschneiderte Unterstützung für jeden EU-Mitgliedstaat bereitstellen zu können.

Finanzierung von Projekten im Bereich der psychischen Gesundheit

Im Rahmen der Jahresarbeitsprogramme von EU4Health bietet die Kommission für Mitgliedstaaten und Interessenträger finanzielle Hilfen zur Umsetzung von Initiativen zur Prävention und zum Umgang mit psychischer Gesundheit an. In den letzten drei Jahren wurden bereits mehr als 30 Mio. Euro für Projekte bereitgestellt, die sich mit Aspekten der öffentlichen Gesundheit im Bereich psychische Gesundheit befassen, darunter systembezogene Reformen.

Am 22. November 2022 wurde das EU4Health-Arbeitsprogramm 2023 verabschiedet, aus dem weiterhin Mittel zur Unterstützung der Förderung der psychischen Gesundheit und der Prävention von Problemen in diesem Bereich bereitgestellt werden. Im Rahmen dieses Arbeitsprogramms stehen über 18 Mio. Euro zur Verfügung:  

  • 6 Mio. Euro für die Behörden der Mitgliedstaaten zur Zusammenarbeit bei gemeinsamen Maßnahmen zur Bewältigung der Herausforderungen im Bereich psychische Gesundheit,
  • 2,36 Mio. Euro für Interessenträger zur Unterstützung von Projekten zur Förderung von psychischer Gesundheit, Prävention und Umgang mit psychischen Problemen.
  • Beide Maßnahmen richten sich an besonders schutzbedürftige Gruppen wie Migranten, Flüchtlinge, Roma und aus der Ukraine vertriebene Personen.
  • 10 Mio. Euro wurden für folgende Projekte zugewiesen:
    • Projekte zur Bewältigung der psychischen Probleme von Krebspatienten und Krebsüberlebenden, ihrer Betreuer/innen und ihrer Familien sowie
    • Entwicklung eines europäischen Kodex für psychische Gesundheit, um Bürgerinnen und Bürger besser zu beteiligen, sowie zur Bewusstseinsbildung und Gesundheitskompetenz in diesem Bereich.

Governance

Die Kommission arbeitet eng mit den Mitgliedstaaten und Interessenträgern zusammen, um eine gute psychische Gesundheit zu fördern und psychischen Problemen vorzubeugen.

Zusammenarbeit und Austausch mit den Mitgliedstaaten finden im Rahmen der Untergruppe für psychische Gesundheit der Expertengruppe für die öffentliche Gesundheit statt. Ihre Mitglieder sprachen sich deutlich für Maßnahmen im Bereich der psychischen Gesundheit mit europäischem Mehrwert aus.

Unterstützung und Koordinierung durch die Kommission werden dazu beitragen, menschliches Leid zu verringern, die Resilienz und Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialsysteme zu verbessern, die Kosten für Wirtschaft und Gesellschaft zu senken und ein gesundes Arbeitskräftepotenzial aufzubauen und zu erhalten. Dies wird uns helfen, die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und die Ziele der WHO in Bezug auf nicht übertragbare Krankheiten zu erreichen.

Über ein spezielles Netz für psychische Gesundheit auf der EU-Plattform für Gesundheitspolitik finden regelmäßig Austausch und Zusammenarbeit mit allen wichtigen Interessenträgern statt.

Unterstützung der Ukraine – psychische Gesundheit von Vertriebenen und Flüchtlingen

Flüchtlinge und Vertriebene, darunter vor allem Personen, die vor einem Krieg fliehen – wie Vertriebene aus der Ukraine – benötigen Unterstützung im Bereich psychische Gesundheit und frühzeitige Maßnahmen zur Stressreduktion.

Die Kommission hat über 30 Mio. Euro aus dem Programm EU4Health mobilisiert, um Menschen aus der Ukraine zu unterstützen, die dringend Hilfe in Bezug auf psychische Gesundheit oder Traumatherapie benötigen.

Insbesondere wurde mit der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften eine mit 28,4 Mio. Euro ausgestattete Beitragsvereinbarung unterzeichnet, um aus der Ukraine geflohenen Menschen bei der Bewältigung ihrer Traumata zu helfen und ihnen Unterstützung im Bereich der psychischen Gesundheit anzubieten. Das Rote Kreuz ist diesbezüglich in den EU-Mitgliedstaaten Polen, Ungarn, Rumänien, Tschechien und der Slowakei aktiv.

Die Vertriebenen aus der Ukraine stehen auch im Mittelpunkt einer mit 3 Mio. Euro ausgestatteten und an Nichtregierungsorganisationen gerichteten Aufforderung zur Einreichung von vier Vorschlägen für bewährte Verfahren zur Verbesserung der psychischen Gesundheit und des psychischen Wohlbefindens von Migranten und Flüchtlingen. Alle vier Projekte wurden 2023 bereits eingeleitet.

Darüber hinaus bietet die Kommission über die Websites der virtuellen Akademie des ECDC und des Netzwerks Migration and health: training for professionals Online-Kurse und sonstiges Schulungsmaterial zur Gesundheit von Migranten an.

Diese Kurse wurden mit Unterstützung des dritten Gesundheitsprogramms entwickelt.

Das Netz „Unterstützung der Ukraine, der benachbarten EU-Mitgliedstaaten und der Republik Moldau“ auf der Plattform für Gesundheitspolitik wurde eingerichtet, damit der Einsatz von Zivilgesellschaft, Patientengruppen und Angehörigen der Gesundheitsberufe zusammengefasst werden kann, um den medizinischen Bedürfnissen der ukrainischen Gesellschaft und der Vertriebenen gerecht zu werden.

Psychische Gesundheit und COVID-19

Die Pandemie und ihre Folgen haben die Dienste im Bereich psychische Gesundheit stark belastet.

Dem Bericht Health at a Glance Europe 2020 zufolge haben die COVID-19-Pandemie und die darauffolgende Wirtschaftskrise das psychische Wohlbefinden der Bürgerinnen und Bürger zunehmend beeinträchtigt, sodass Stresssymptome, Angstzustände und Depressionen nachweislich zugenommen haben. Dabei gelten Jugendliche und Menschen in den unteren Einkommensgruppen als besonders gefährdet. Pandemiebedingte Unterbrechungen laufender Behandlungen von Menschen mit psychischen Vorerkrankungen schlagen unter den negativen Auswirkungen der Pandemie auf die psychische Gesundheit besonders stark zu Buche.

Einige Monate nach Ausbruch der Pandemie richtete die Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit auf ihrer Plattform für Gesundheitspolitik einen eigenen Webspace ein, der Interessenverbänden im Bereich Gesundheit und Soziales die Möglichkeit gibt, Verfahren und Wissen auf dem Gebiet der psychischen Gesundheit mit Bezug auf COVID-19 auszutauschen. Das von Mental Health Europe koordinierte virtuelle Netzwerk konzentriert sich auf die Bedürfnisse stark gefährdeter Gruppen wie Obdachlose, Menschen mit psychischen Vorerkrankungen und ältere Menschen. Der Webspace umfasst auch eine virtuelle Bibliothek.

Zur Unterstützung der Umsetzung bewährter Verfahren vor Ort mit direkten Auswirkungen auf die Bemühungen zur Bewältigung der Herausforderungen im Bereich der psychischen Gesundheit während der COVID-19-Pandemie wurden zwei Projekte (Mentality und Step in) finanziell gefördert.

Bewährte Verfahren vor Ort mit direkten Auswirkungen auf die Bemühungen zur Bewältigung der Herausforderungen im Bereich der psychischen Gesundheit während der COVID-19-Pandemie wurden über das Jahresarbeitsprogramm 2021 von EU4Health mit einem EU-Finanzbeitrag von 750 000 Euro unterstützt. Die ausgewählten Projekte werden voraussichtlich im Herbst 2022 anlaufen.

Die Kommission hat mit ihrem EU-Gesundheitspreis 2021 gemeinschaftsbasierte Initiativen zur Abmilderung der Auswirkungen von COVID-19 auf die psychische Gesundheit ausgezeichnet. Die Preisverleihung fand am 4. Mai 2022 statt: Die preisgekrönten und die in die engere Wahl gezogenen Initiativen werden in einer Broschüre zu den Auswirkungen von COVID-19 auf die psychische Gesundheit vorgestellt.